„Für mich ist Lehrer ein ganz normaler Job. Die Schule ist wie eine Firma, und der Schulleiter ist der Boss. Er hat das Sagen. Klar, anders läuft es ja auch nicht. Ich mache meine Arbeit, aber das war’s dann auch. Einige in unserem Kollegium reden immer von ‚Demokratie‘. Die wollen immer, dass wir uns ‚einbringen‘ und unsere Meinung sagen. Warum eigentlich? Ich will mir doch nicht den Mund verbrennen. Wenn die Leitung sieht, dass das, was sie macht, nicht klappt, dann wird sie sich schon korrigieren, oder sie kann sich Hilfe holen. Das müssen wir doch nicht machen! Dafür gibt es doch die vielgerühmten Unterstützungssysteme. Ich weiß nicht, warum ausgerechnet ich mich da einmischen soll. Das ist doch gar nicht meine Aufgabe! Der Schulleiter beurteilt mich. Wenn ich ihm mal richtig die Meinung gegeigt habe, weiß ich doch gar nicht, ob sich das am Ende rächt.“
Wir haben hier das fiktive Verbalporträt einer Lehrernachwuchskraft skizziert. Dem Typus jedoch begegnen wir jeden Tag. An ihm verzweifeln sogar die Schulleiterinnen und Schulleiter selbst. „Da stehst du dann und sagst zu ihnen: ‚Ich würde gern von Ihnen wissen, ob Sie an meiner Entscheidung etwas auszusetzen haben‘. Und du siehst ihnen sogar an, dass es so ist. Aber sagen tun sie nichts. Und dann weißt du gar nicht mehr, wie du weitermachen sollst.“
Eine junge Lehrerfortbildnerin ärgert sich darüber, dass die Schulbehörde die Abituraufgaben nach der Prüfung zwar innerhalb der Schulen weiterreicht, jedoch nicht an diejenigen, die die Lehrer fortbilden sollen. Sie entwirft einen freundlichen Beschwerdebrief, in dem ganz konstruktiv auf die Notwendigkeit hingewiesen wird, dass Lehrerfortbildner erfahren, was in den Prüfungen „dran“ war. Denn sie sollen ja schließlich die Lehrkräfte auf die Prüfungsdurchführung vorbereiten. Sie sucht nach Unterstützung – aber niemand möchte mit unterschreiben.
Kurt Edler